Gespräch mit Frau Hana Vydrová, Inhaberin der Marke Covert Underwear, Dozentin für Etikette.
Wie brachte die "gesellschaftliche Etikette" das unsichtbare Unterwäsche-T-Shirt auf den Markt?
Die Entstehungsgeschichte unserer Unterhemden ist eine Serie von unglaublichen Zufällen. Ich hatte nie das Ziel, Hersteller irgendwelcher Bekleidung zu werden. Aber ich lehre Etikette und auf meinen Kursen fragten mich die Männer, was sie unter ihren Hemden tragen sollen. Ich sagte ihnen, ein Unterhemd, aber sie erwiderten, dass das Unterhemd keine nassen Flecken unter den Achseln verhindern würde. Also riet ich ihnen zu einem T-Shirt. Und ein Herr stand auf, zog seine Sakko aus und meinte, er trage ein T-Shirt, aber ich solle doch mal schauen, wie unschön es aussieht - das weiße T-Shirt zeichnete sich unter dem Hemd deutlich ab. Wieder hatte ich eine Antwort parat, sie sollen doch bitte immer hautfarbene Unterwäsche kaufen, da weiße durchscheint. Die Herren sahen mich an, als ob ich vom Himmel gefallen wäre, und meinten, dass man sie nirgendwo zu kaufen bekäme. Ich wollte das nicht glauben und begann somit, auf der ganzen Welt nach solchen T-Shirts zu suchen. Als ich sie nirgendwo fand, begann die Geschichte Nummer zwei, die Markteinführung derartiger T-Shirts. Ich habe meine Idee als Gebrauchsmuster schützen lassen und wollte es an jemanden verkaufen. Meine Vorstellung war es, schön im Warmen zu sitzen und gutes Geld für die T-Shirts zu erhalten, die von irgendjemandem hergestellt und verkauft werden. Aber so funktioniert das natürlich nicht. Niemand wollte es, alle entmutigten mich, dass kein Mann so ein hässliches T-Shirt kaufen würde. Es blieb mir also nichts anderes übrig, als einen Produzenten zu finden (selbst dieser war sehr skeptisch) und die T-Shirts selbst herzustellen zu lassen.
Worin besteht seine Einzigartigkeit?
Der erste Schritt zur Einzigartigkeit war die Wahl des Materials. Ich habe mich für einen sehr feinen 100% Baumwollstrick entschieden, der bis dahin nur für Damenunterwäsche verwendet wurde. Er ist sehr dicht gewebt und trägt trotzdem nicht auf. Genau das wollte ich, damit die T-Shirts auch im heißen Sommer getragen werden können. Gleichzeitig ist das Material sehr elastisch, so dass der Träger das Gefühl hat, nichts anzuhaben. Das Gestrick wird auf Rundmaschinen hergestellt, so dass die T-Shirt-Körper nahtlos sind. Und die Kanten werden nicht genäht, sie werden nur durch Hitze abgeschnitten, d.h. sie werden nicht wie üblich gefaltet und genäht. Aus diesem Grund zeichnen sie sich nicht unter der Kleidung ab. Ein weiterer, von mir ursprünglich nicht erwarteter Effekt ist, dass Baumwolle wie Wolle nicht zum Müffeln neigt. Häufig fragen uns die Kunden, was wir dort hineintun, dass die T-Shirts nicht nach Schweiß riechen. Wir tun gar nichts hinein, darin besteht der Zauber hochwertiger Baumwolle. Außerdem habe ich meine T-Shirts zehn Zentimeter länger als normal anfertigen lassen, da ich von den Männer Beschwerden hörte, dass ihnen normale T-Shirts zu kurz seien. Und der letzte "Trick" war der V-Ausschnitt, damit der Halsausschnitt nicht zu sehen ist, wenn der Mann den Knopf am Hals öffnet.
War dieses Produkt irgendwann in der Geschichte bereits auf dem tschechischen Markt zu finden?
Nein, weder auf dem tschechischen Markt, noch irgendwo anders auf der Welt. Bevor der Antrag auf Schutz eines Produktes beim Amt für gewerblichen Rechtsschutz gestellt wird, führt eine Rechtsagentur eine Recherche durch und auch sie entdeckte keine derartigen T-Shirts auf dem Markt. Es ist unglaublich, aber unsere T-Shirts waren die ersten auf der Welt.
Wie lange dauerte der Weg von der Idee bis zur Umsetzung?
Vom ersten Impuls bis zu dem Moment, als ich meinen ersten Karton mit T-Shirts zu Hause hatte, dauerte es etwa drei Jahre. Und dann folgte ein weiterer dorniger Weg - wie soll man den Männern erklären, dass sie dieses Produkt brauchen? Versuchen Sie, etwas zu verkaufen, das nicht gesehen werden soll. So entstand unser Slogan "Sie sehen, dass Sie nichts sehen."
Können manche Materialien die gleiche Qualität bieten? Tauchten auf dem Markt Plagiate auf? Unser Material ist wirklich einzigartig. Für seine Herstellung benötigt man hochwertigste Langfaser-Baumwolle, und dieses Gestrick kann man nur bei Pleas in Havlickuv Brod stricken, wo wir unsere T-Shirts herstellen lassen. Das weiß ich, denn als wir unsere Bestellungen dort erhöhten, versuchten die dortigen Mitarbeiter, einen Produktionspartner zu finden, der ihnen bei der Deckung unseres Bedarfs hilft, aber selbst sie (und auch ich nicht, wir haben es auch versucht) haben keinen anderen Hersteller gefunden. Nur interessehalber: Das weltbekannte Unternehmen Schiesser lässt hier den gleichen Strick produzieren (allerdings nur für Damenunterwäsche) und verkauft diese Produkte als luxuriöseste Linie unter dem Namen Luxury. Plagiatoren sind bereits aufgetaucht - sowohl bei uns, als auch weltweit. Sie haben fast alles kopiert - Länge, Farbe, V-Ausschnitt - aber sie haben und können unser einzigartiges Material nicht haben. Sie verwenden meistens Modal und versuchen, über unsere T-Shirts als aus "normaler Baumwolle" zu schreiben. Im Gegensatz zu unseren T-Shirts ist dieses Material stärker, die T-Shirts sind an der Seite genäht, die Ränder sind gefaltet und genäht, also stärker usw. Und daran, dass es sich bei Modal um eine Naturfaser handelt (wenn auch aus Bambus), ist begründet zu zweifeln. Wissen Sie, was der Unterschied zwischen Modal und Baumwolle ist? Baumwolle wächst auf dem Feld, hat von Natur aus Fasern, diese werden durch Spinnen verarbeitet und die Maschenware ist fertig. Chemisch gesehen ist Baumwolle Cellulose, ein Polysaccharid, das aus Glucoseeinheiten besteht. Modal ist mechanisch behandelte Viskose. Und Viskose wird aus Cellulose hergestellt. Cellulose wird nicht nur zur Herstellung von Viskose, sondern auch zum Beispiel von Papier, aus Pflanzen gewonnen, hauptsächlich aus dem Holz verschiedener Bäume. Bis hierher ist es also gleich. NUR: dann wird Cellulose chemisch verflüssigt und durch Einspritzen durch Düsen in die Umgebung, in der sie wieder eine feste Form erhält, zu Fasern geformt. Es ist fraglich, ob diese Faser noch als natürlich bezeichnet werden kann. In der Literatur bin ich sowohl der Bezeichnung natürliche als auch halbsynthetische und synthetische Faser begegnet. Also, was nun? Ja, der Rohstoff für die Produktion ist natürlich, aber das ist Erdöl auch. Und der nächste Schritt klingt bereits mehr als gesund ist, nach chemischer Produktion.
Ich habe so eine Parallele zu Schokolade: Ich habe ursprünglich an der Universität für Chemie und Technologie in Prag Lebensmitteltechnologie studiert und eine meiner ehemaligen Kommilitoninnen arbeitet in der Süßwarenforschung. Auf einem Treffen erwähnte sie einmal, dass sie immer noch Ersatzstoffe für Kakaobutterersatzstoffe entwickeln. Kakaobutter ist das Fett aus Kakaobohnen und hat eine einzigartige Eigenschaft: Beim Erhitzen bewahrt sie sich ihre feste Struktur und löst sich dann bei Erreichung eines bestimmten Niveau auf einmal auf. Das ist das unglaubliche Gefühl im Mund, wenn wirklich gute Schokolade auf der Zunge zergeht. Und weil Kakaobutter teuer ist, versuchen die Forscher immer noch, etwas Günstigeres und gleichzeitig Gutes zu finden. Das sind die Ersatzstoffe. Meine Kommilitonin hat es mit diesen Ersatzstoffen der Ersatzstoffe etwas übertrieben, aber es ist das gleiche wie in der Textilindustrie. Wir sind auch immer auf der Suche nach neuen Fasern, aber es gibt immer ein Problem, also wird etwas gegen den Geruch hinzugefügt, für bessere Atmungsaktivität und ich weiß nicht, was sonst noch so. Letztendlich aber überzeugt sich die Menschheit immer davon, dass die Natur noch immer der Sieger ist, siehe Rückkehr zur Wolle (Wäsche aus Merinowolle ist mittlerweile sehr beliebt).
Letztes Jahr haben Sie das Angebot um Damenhöschen und Herren-Boxershorts erweitert. Was sind ihre Vorteile?
Neben ihrer Unsichtbarkeit ist es wieder die hochwertige Baumwolle. Für Herren bieten wir einen Schnitt an, den uns Pleas als den beliebtesten empfahl. Die Damenhöschen haben wir selbst nach den Erwartungen der Frauen entworfen - sie sitzen hoch in der Taille (damit sie an den Seiten keine Falten“ werfen und somit das ganze Gesäß bedecken, damit sie nicht einschneiden). Sowohl Boxer als auch Höschen haben einen Gummi im Tunnelzug, was zwar nicht attraktiv ist, aber vor allem bei Hitze ein Maximum an Komfort bietet. Und wir sind auch gar nicht um Attraktivität bemüht, unsere Wäsche ist für diejenigen gedacht, die schön angezogen und nicht schön ausgezogen aussehen möchten.
Wo wird diese Wäsche gefertigt?
Wie bereits erwähnt, produzieren wir in Havlíčkův Brod, d.h. in der Tschechischen Republik, worauf wir wirklich stolz sind.
Und nun ein paar Fragen zu Ihrem weiteren Beruf, als Etikette-Lehrerin und Inhaberin einer Bildungsagentur. Für welche Themen interessieren sich Ihre Kunden am häufigsten? In welche Richtung entwickeln sich die Themen?
Ich lehre Etikette für sehr unterschiedliche Zielgruppen, also angefangen von der Grundroutine für den Alltag, über die Geschäftsetikette bis hin zur Etikette in der Gesellschaft. Die Regeln ändern sich nur langsam, so wie sich auch die Gesellschaft verändert. Die Veränderungen können mit den Veränderungen in der Sprache verglichen werden – es handelt sich auch um einen lebenden Organismus, der sich ständig entwickelt, je nachdem wie er in der Gesellschaft angewendet wird. Die Grundregeln sind jedoch immer noch die gleichen. Unsere Kunden bestellen jetzt häufig einen Kurs mit der Bezeichnung Networking und Small Talk. Dies ist der Hit der letzten Zeit.
Wie sehen Sie die Veränderungen in der Unternehmensetikette in den letzten 20 Jahren? Was hat sich zum Positiven verändert und welche Themen "widerstehen" noch? Das Positive ist, dass die Leute angefangen haben, die Etikette ernst zu nehmen, sicherlich auch dank der PR durch Herrn Špaček. Ich unterrichte Etikette zwar schon viel länger, aber seine Popularität und die Möglichkeit, dieses Thema im Fernsehen zu präsentieren, waren bei seiner Akzeptanz durch die Gesellschaft sehr behilflich. Auf der anderen Seite habe ich das Gefühl, dass die normale menschliche Höflichkeit, wie das Begrüßen, die Kunst sich zu entschuldigen oder eine Entschuldigung, anzunehmen, immer mehr verloren geht. Aber das lernt man bei keinem Lehrer, das müssen die Kinder im frühesten Alter lernen. Und hierbei spielen die Familie und das eigene Beispiel der Eltern immer noch die wichtigste Rolle. Aber insgesamt denke ich, dass unsere Gesellschaft kultivierter wird. Darüber bin ich sehr froh.
Vielleicht abschließend eine lustige Geschichte?
Ich denke da an einen Herrn, der zu Beginn des Kurses meinte, dass er dies für reine Zeitverschwendung hält, dass er eine Menge an wichtiger Arbeit zu erledigen hat und der Meinung ist, dass das Unternehmen Geld für Sinnloses zum Fenster hinauswirft. Ich frage die Teilnehmer nämlich immer, mit welcher Motivation sie den Kurs besuchen und ihm ähnliche Teilnehmer bezeichne ich als Gefangene. Die erste Stunde saß er mit verschränkten Armen da und beobachtete mich mit saurer Miene. Auf einmal begann er „aufzutauen“ und am Ende der zweiten Stunde teilte er mir mit, dass er nun kein Gefangener mehr sei. Er habe verstanden, wie interessant und wichtig es ist. Vielleicht ist es keine typisch lustige Geschichte, aber für mich ist es immer die größte Freude, jemanden für die Etikette zu begeistern.